
Feuerverzinkte Straßenbrücken
Innovationen im Brückenbau sind derzeit oft mit dem Feuerverzinken verbunden. Umfassende wissenschaftliche Untersuchungen haben die Voraussetzung für den Einsatz der Feuerverzinkung an dynamisch belasteten Stahlbauteilen geschaffen. Aktuelle feuerverzinkte Stahl-Verbundbrücken-Projekte in klassischer und in Verbunddübel-Bauweise, feuerverzinkte Fahrbahnübergänge oder Brückenertüchtigungen mit feuerverzinktem Stahl zeigen das hohe Praxisinteresse von Behörden und Brückenbauingenieuren an dauerhaften Korrosionsschutzlösungen.
Geschützt für 100 Jahre

Für Brückenbauwerke wird in der Regel eine Lebensdauer von mindestens 100 Jahren gefordert. Werden Stahl- und Verbundbrücken durch Beschichten vor Korrosion geschützt, dann ist die Beschichtung erfahrungsgemäß nach rund 25-30 Jahren zu erneuern. Bezogen auf 100 Jahre sind neben einer Erstbeschichtung in der Regel drei Erneuerungsbeschichtungen erforderlich, die nicht nur Kosten, sondern zumeist auch erhebliche Verkehrsstörungen verursachen. Kommt eine Feuerverzinkung zum Einsatz, so ist bei Zinküberzugsdicken von mindestens 200 Mikrometer eine Korrosionsschutzdauer von 100 Jahren in der Regel ohne Instandsetzungen erreichbar.
Stahl- und Verbundbrücken

Stahl- und Verbundbrücken für Verkehrszwecke wurden in Deutschland wurde lange durch Beschichten vor Korrosion geschützt, obwohl dieses nur eine Schutzdauer von rund 25 Jahren bietet. Die um ein Vielfaches dauerhaftere Feuerverzinkung kam bisher selten zum Einsatz, da ihr Einfluss auf die Ermüdungsfestigkeit von zyklisch belasteten Bauteilen nicht ausreichend erforscht war.
Da aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen bewiesen haben, dass eine Feuerverzinkung auch für dynamisch belastete Bauwerke wie Straßenbrücken geeignet ist, gehören feuerverzinkte Stahl- und Verbundbrücken nun auch in Deutschland zur gebauten Wirklichkeit. Neben mehreren feuerverzinkten Stahlverbundbrücken in klassischer Bauweise ist die Feuerverzinkung auch für Brücken in Verbunddübelbauweise die dauerhaftere Lösung.
Brücken-Ertüchtigung

Die Sperrung für LKW ist an maroden Brücken oft das letzte Mittel den Verkehr aufrecht zu erhalten. Da zwischen der Sperrung für den LKW-Verkehr an zu erneuernden Brücken und dem Ersatzneubau nicht selten längere Planungszeiträume liegen, kann eine temporäre oder dauerhafte Ertüchtigung eine akzeptable Lösung darstellen.
Auch zur Brückenertüchtigung wird zunehmend feuerverzinkter Stahl aufgrund seiner Wirtschaftlichkeit und Dauerhaftigkeit in vielfältiger Weise verwendet, beispielsweise als Stützkonstruktion für ermüdete Betonbrücken oder zur Verstärkung der Brückenflügel.
Fahrbahnübergänge

Korrosion ist die häufigste Ursache für Mängelanzeigen an Fahrbahnübergängen. Ein wesentlicher Einflussfaktor zur Erschließung von mittel- und langfristigen Kosteneinsparungen an Fahrbahnübergängen ist deshalb eine verbesserte Korrosionsbeständigkeit.
Neben mechanischen Belastungen sind Fahrbahnübergänge vor allem hohen Korrosionsbeanspruchungen ausgesetzt. Durch den Einsatz der Feuerverzinkung als langlebige Korrosionsschutzlösung kann die Nutzungsdauer von Fahrbahnübergängen deutlich verlängert sowie die Lebensdauerkosten gesenkt werden. Feuerverzinkte Fahrbahnübergänge sind vom Bundesministerium für Verkehr zugelassen und bei der BASt gelistet.
Wirtschaftlich und Nachhaltig

Eine Studie im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat am Beispiel einer real ausgeführten Stahlverbundbrücke als Referenzbauwerk im Rahmen einer Nachhaltigkeitsanalyse eine feuerverzinkte und beschichtete Brücke untersucht und kommt zu folgenden Ergebnissen:
Bei den Erstkosten, d.h. den gesamten Erstellungskosten des Bauwerkes war die feuerverzinkte Brücke ca. 0,5% günstiger. Im Hinblick auf die gesamten Lebenszykluskosten, die sämtliche Kosten von der Erstellung über die Wartung- und Instandhaltung bis zum Rückbau betrachtet, war die feuerverzinkte Brücke rund 10% günstiger als die beschichtete.
Die ökologische Analyse zeigt in allen betrachteten Wirkungskategorien Einsparungen durch die Feuerverzinkung über den gesamten Lebenszyklus im Vergleich zur organischen Beschichtung. Beispielsweise werden über den gesamten Lebenszyklus der feuerverzinkten Brücke aufgrund der Feuerverzinkung rund 5% CO2 gegenüber der beschichteten Brücke eingespart. Die Studie betrachtet zudem externe Umwelteffekte. Im Vergleich zur beschichteten Brücke verursacht die feuerverzinkte Brücke rund 20% weniger CO2. In absoluten Zahlen sind dies mehr als 200t CO2. In allen anderen Wirkungskategorien verursacht die feuerverzinkte Brücke ebenfalls geringere externe Umwelteffekte als die beschichtete Brücke.
Quelle: Nachhaltigkeitsberechnung von feuerverzinkten Stahlbrücken, Kuhlmann Et al., Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Heft B 112, Bergisch Gladbach.
Langzeit-Erfahrungen
Auch wenn gerade erst aktuelle Forschungsergebnisse den Weg für eine breite Anwendung der Feuerverzinkung im Straßenbrückenbau frei gemacht haben, gibt es bereits sehr positive Langzeiterfahrungen mit existierenden feuerverzinkten Stahlbrücken. Die Beispiele belegen, dass eine Feuerverzinkung im Brückenbau ebenso dauerhaft und zuverlässig schützt wie im Stahlhochbau oder im Metallbau.
Ölbrücke (1977)

Im Jahr 1977 wurde Deutschlands erste feuerverzinkte Stahlbrücke für den Straßenverkehr fertiggestellt. Sie überspannt die Aller bei Hademstorf in Niedersachsen und ersetzte eine baufällige, 1942 errichtete Holzbrücke.
Bei einer Inspektion der ca. 43 m langen Brücke durch das Institut Feuerverzinken im Jahr 2016 wurde der Zustand der feuerverzinkten Stahlteile mit sehr gut bewertet.
Rotrost war nicht festzustellen. Schichtdickenmessungen an den Brückenträgern ergaben Zinkschichtdicken zwischen 171 und 191 Mikrometer. An den Geländern wurden Schichtdicken über 110 Mikrometer gemessen. Es ist davon auszugehen, dass Deutschlands dienstälteste feuerverzinkte Stahlbrücke für viele weitere Jahrzehnte rostfrei bleiben wird.
Lierbrücke (1993)

Über dem Nete-Kanal im belgischen Lier wurde 1993 eine Verbundträger-Brücke aus feuerverzinktem Stahl gebaut. Sie hat eine Gesamtlänge von 90 Metern mit Spannweiten von 40 bzw. 25 Metern. Die Feuerverzinkung der Brücke wurde im Juni 2014 überprüft. Nach einer Nutzungszeit von 21 Jahren befindet sich die Feuerverzinkung in einem hervorragenden Zustand.
Es wurden keine Mängel festgestellt. Die stichprobenartig gemessenen Schichtdicken der Brücke lagen weit über 300 Mikrometer. Obwohl die Lier-Brücke in einem ländlichem Gebiet liegt, muss sie aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Nete-Kanal und damit verbundener regelmäßiger Befeuchtung in die Korrosivitätskategorie C3 eingeordnet werden. Bei einer Belastung gemäß Korrosivitätskategorie C3 liegt der Zink-Abtrag zwischen 0,7 und 2 Mikrometer pro Jahr. Demzufolge ist für die Brücke mit einer Korrosionsschutzdauer von mehr als 150 Jahren zu rechnen.
Lydlinch-Brücke (1942)

Im Jahr 1942 errichteten kanadische Truppen in Vorbereitung des D-Days im britischen Lydlinch eine Mobil-Brücke. Eine Inspektion im Jahr 2014 kam zu dem Ergebnis, dass sich die feuerverzinkte Stahlkonstruktion der Brücke noch immer in einem sehr guten Zustand befindet. Messungen an den Stahlprofilen ergaben Zinkschichtdicken zwischen 126 und 167 Mikrometer.
An der feuerverzinkten Stahlkonstruktion wurden während dieser Zeit keinerlei Instandhaltungsarbeiten durchgeführt. Lediglich im Jahr 1996 mussten an der Konstruktion verstärkende feuerverzinkte Profile angebracht werden, damit auch 40 Tonnen-Trucks die Brücke überqueren können.
Aufgrund der gemessenen Zinkschichtdicken wird die Lydlinch-Brücke mühelos weitere 50 Jahre korrosionsfrei sein und schon bald 100 Jahre alt werden.
Höllmecke-Brücke (1987)

Seit 1987 überspannt die feuerverzinkte Höllmecke-Brücke die Lenne bei Werdohl. Die Bogenbrücke ist ein Ersatzneubau und wurde gestalterisch an die altersschwache Brücke an gleicher Stelle angelehnt. Rund 60 Meter lang ist die 27 Jahre alte Brücke mit Spannweiten von je 30 Metern. Die Brücke wurde im Mai 2014 inspiziert.
Die visuelle Prüfung ergab keine erkennbare Korrosion. Der Gesamteindruck weist ein optisch unterschiedliches Erscheinungsbild auf. Die oben liegenden Bögen weisen auf der Oberseite und teilweise an den Seitenflächen braune Verfärbungen auf. Die Messung der Zinkschichtdicken belegt, dass es sich hierbei nicht um Korrosion an der Stahlkonstruktion, sondern um eine Braunfärbung des Zinküberzuges handelt. Alle weiteren feuerverzinkten Stahlbauteile sind verzinkungstypisch hellgrau mit ausgeprägtem Zinkblumenmuster. Die gemessenen Zinkschichtdicken variieren stark und liegen zwischen 150 und mehr als 500 Mikrometern. Ähnlich wie die Lier-Brücke muss die Höllmecke-Brücke trotz ländlicher Lage aufgrund der Nähe zum Wasser in die Kategorie C3 eingeordnet werden. Damit ergibt sich eine weitere rechnerische Schutzdauer mindestens 75 Jahren für die Brücke.









